Wie viel Ordnung brauchen wir?

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Neulich habe ich das weiß-blaue Waschmittelfach unserer Waschmaschine in der Spülmaschine gewaschen. Noch in der Woche davor war mir nicht klar, dass das überhaupt möglich ist. Aber bei unserem letzten Mädelsabend haben mich meine beiden Freundinnen darauf hingewiesen, dass sie regelmäßig dieses kleine Fach reinigen. Ein Vorgang, der mir nie in den Sinn gekommen wäre! Unsere Wäsche riecht immer sehr gut und die Maschine läuft 1a, kein Grund zur Klage also. Dennoch habe ich bei nächster Gelegenheit einen Blick riskiert und festgestellt, dass das in Rede stehende Fach womöglich doch etwas mehr Aufmerksamkeit vertragen könnte. Wenn man erst einmal in diese zuvor verborgene Untiefe des Haushalts geblickt hat, gibt es kein Zurück. Ein weiteres todo auf meiner zu-reinigen-Liste wurde erschaffen.

Mehr Ordnung geht immer

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So ist es im Grunde in vielen Ecken unseres Hauses. Der Küchentisch könnte aufgeräumter, der Boden sauberer, die Pflanzen lebendiger sein. Aber ich will auch spontan sein, das Leben genießen und den Haushalt Haushalt sein lassen!

Wieviel Ordnung muss also sein, was gilt als normal?

Eine aufgeräumte Wohnung gibt Struktur, auch und vor allem mit Kindern. Jeder von uns fühlt sich geborgen, wenn er nach der Schule oder der Arbeit nach Hause kommt und in eine angenehme Umgebung eintauchen kann, die eine gewisse Ruhe ausstrahlt. An einem aufgeräumten Tisch kann besser gebastelt werden und es erleichtert auch das Leben ungemein, direkt zwei zueinander passende Schuhe zu finden. Ordnung im direkten Umfeld führt zu mehr Ordnung im Kopf.

Bei diesem Ziel, im gemeinsamen Zuhause Ruhe und Harmonie zu schaffen, liegt aus meiner Sicht auch die Grenze. Die Herbeiführung dieses Zustands muss genau wie die Umgebung selbst angenehm sein. Wenn es in Stress ausartet, aufräumen zu müssen, insbesondere weil zeitlich nicht der nötige Freiraum gefunden wurde, ist niemandem gedient.

Der beste Weg zu mehr Ordnung fängt deshalb in kleinen Schritten an. Den Tetris-mäßig in vielen Jahren zugestellten Keller auszumisten, ruft bei Dir vielleicht unmittelbar Ablehnung und Stress hervor. Aber einen einzelnen Schrank kannst Du Dir durchaus an einem freien Samstag vornehmen. Am Sonntag können sich dann alle darüber freuen, dieses kleine Projekt gemeistert zu haben.

Widerstreitende Ordnungsinteressen

Wenn ich bei Freunden zu Besuch bin, ist es mir herzlich egal, wie aufgeräumt es dort ist. Wichtig ist, dass wir eine schöne Zeit zusammen verbringen und es geht mir bedeutend besser mit dreckigem Geschirr in der Spüle als wenn ich weiß, dass die Gastgeberin vor meinem Besuch extra noch stundenlang aufgeräumt hat.

Herausfordernd gestaltet sich die Angelegenheit, wenn zwei oder mehr unterschiedliche Bedürfnisse nach Ordnung längerfristig aufeinander treffen. Man nennt diesen Zustand auch Beziehung, in der gesteigerten Form: Familie. Wo mich das Schuhchaos unter der Treppe kalt lässt, der unsortierte Wäscheberg jedoch unterschwellige Aggressionen hervorruft, ist es bei meinem Mann genau andersherum. Die Herangehensweise an das Thema Ordnung kann insgesamt zur Zerreißprobe werden. In der heutigen Zeit sind die Aufgaben eben nicht mehr so klar verteilt, dass der Mann arbeiten geht und die Frau den Haushalt schmeißt. Die emanzipierte Weiblichkeit will ihren Feierabend auch genießen können.

Schon oft ist meinen Freundinnen und mir in diesem Zusammenhang aufgefallen, dass wir einiges im Haushalt mal eben nebenbei erledigen. Die Küchenarbeitsplatte abwischen, den Wasserhahn im Bad von Tropfen befreien oder die Jacken an den Haken hängen, bevor das Chaos zu groß wird. Womöglich ist dies ein subjektiver Eindruck und wir übersehen dabei, dass die Männer sich anderen wichtigen Aufgaben des gemeinsamen Zusammenlebens widmen, wer weiß das schon so genau? Dennoch ist das Gefühl, überwiegend verantwortlich zu sein, nicht förderlich für jegliche Art der Beziehung.

Daher halte ich es für wichtig, sich mit allen Familienmitgliedern zusammenzusetzen und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Jeder ist für die Gestaltung eines schönen Zuhauses verantwortlich. Ob dies dann in einem Putzplan endet oder Verantwortungsbereiche verteilt werden, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass ein gemeinsames Maß gefunden wird und klar ist, dass sich ein angenehmes Umfeld nicht wie von Zauberhand selbst erschafft.

Kindern klar zu machen, dass nicht einfach alles in irgendwelchen Ecken zusammengeworfen werden sollte, ist auch ein gutes Lernziel. Wenn die eigenen Spielsachen ordentlich verstaut werden, schenken Kinder diesen mehr Aufmerksamkeit und wissen auch die kleinen Dinge mehr zu schätzen. Meine Mädels haben bei ihren Aufräumaktionen auch schon viele lange verschollene Spielsachen wiederentdeckt. Dann ist die Freude groß und beim Verstauen nach dem Spiel wird vielleicht sogar darauf geachtet, das Fundstück so wegzuräumen, dass es nicht wieder in Vergessenheit gerät.

Ordnung ist das halbe Leben

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Aber eben auch wirklich nur das halbe! Die andere Hälfte besteht daraus, auch mal Dinge liegen zu lassen und sich ins Leben zu stürzen. Schaffe Dir eine Grundstruktur und mache Dir klar, welche Bereiche des Haushaltes Dir besonders wichtig sind. Ist es essentiell, dass kein schmutziges Geschirr herumsteht oder dass keine Wäsche herumliegt? Dann priorisiere diese Dinge und nimm bewusst in Kauf, dass anderes auch mal liegen bleiben kann. Wenn Du Deinen freien Nachmittag schon damit verbracht hast, Ordnung zu schaffen, dann ist es okay, wenn die Fenster Abdrücke von Kinderhänden tragen! Plane das Fensterputzen für einen anderen Tag ein und genieße einen schönen Abend mit Deiner Familie.

Drei essenzielle Ordnungstipps:

  • Jede Sache braucht ihren festen Platz; so weiß jedes Familienmitglied stets, wo diese Sache hingeräumt werden muss, damit es ordentlich ist.

  • Stelle Körbe an strategisch wichtigen Stellen auf; so sparst Du Wege und kannst die Wäsche auf dem Weg nach unten direkt mitnehmen. Gehe auch niemals in die Küche, ohne etwas mitzunehmen!

  • Stelle einen Timer auf 10 Minuten und räume in dieser Zeit einen Raum oder einen Bereich Deines Hauses auf. Du wirst sehen, dass Du danach schon viel erreicht hast. So eine Aufräum-Aktion funktioniert auch sehr gut, wenn alle Familienmitglieder gleichzeitig mit anpacken.

Wenn ich diese drei Punkte einhalte, geht es mir persönlich schon viel besser. Wenn jeder aus der Familie seinen Beitrag leistet, sind die Dinge schnell erledigt. Und dann bleibt auch Zeit für gemeinsame Spiele oder spontane Spaziergänge am Abend.

Bitte verrate mir: hast Du das Waschmittelfach Deiner Waschmaschine schon mal gereinigt oder wirst nun einen Blick riskieren?

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